Eines der wichtigsten Autos überhaupt geht in die siebte Modellgeneration: Der BMW 3er, seit 1975 mit 15 Millonen verkauften Einheiten die Sportlimousine schlechthin. BMW hat wieder an die Fahrdynamiker gedacht: Mit tieferem Schwerpunkt, weniger Gewicht und mehr Fahrspaß als oberster Vorgabe. Der Preis orientiert sich am Vorgänger.

“Technik und Poesie” soll das Außendesign vereinen, mit scharfen Kanten für Dynamik und muskulösen Flächen für “Sinnlichkeit”; die seitliche Linie vom Schweller bis zur hinteren Abrißkante soll den Wagen einrahmen. Bei der Luxury Line gibt es mehr Chrom und Farbe, die Sport Line simuliert größere Lufteinlässe. Und das Rücklicht präsentiert sich in typischer L-Form. Es ist Geschmackssache; der 3er sieht nicht schlecht aus, einen Designsprung verkörpert er nicht.

Es gibt neue Stoßdämpfer mit integrierten Zusatzdämpfern im Anfangsbereich der Zug- und Druckstufe, die die ersten Druckspitzen abfangen. Die Idee ähnelt dem Ansatz von Citroën aus dem Rallyesport. Das BMW-System ist weniger aufwendig, dennoch sehr effektiv. Und der 3er ist um stolze 55 Kilogramm leichter geworden. Die Gewichtsersparnis ist zum größten Teil auf die Karosserie mit ihrem besseren Materialmix zurückzuführen. Zudem ist das hintere Aluguß-Differential leichter geworden. Dennoch sind Fahrwerk und Karosserie steifer, bei optimaler Gewichtsverteilung.

Breitgefächertes Antriebsportefeuille

BMW sagt, mit dem neuen 330i wolle man wieder die sportlichen Gene des 330er der Baureihe E46 aufgreifen. Eine selbstbewußte Ansage, wurde doch damals ein freisaugender Reihen-Sechszylinder mit serienmäßiger Handschaltung verbaut, während der aktuelle 330er einen aufgeladenen 2,0-Liter-Vierzylinder (258 PS) besitzt, der obligatorisch mit einem Achtgang-Automaten gekoppelt ist.

Trotzdem ist es den Münchnern gelungen, ein wirklich sportliches Auto auf die Räder zu stellen. Der 330er klingt zwar relativ generisch, doch die Gasannahme ist perfekt, die Gänge schalten weich und exakt durch, das Fahrwerk ist sportlich-ausgewogen. Die Lenkung überzeugt mit präziser Rückmeldung. Und so ist er auch auf mittelmäßigen Landstraßen nicht zuletzt dank der neuen Dämpfer sportlich und komfortabel zu fahren. Mehr Fahrspaß ist in dieser Klasse heute kaum möglich.

Äußerst sparsam ist der 190 PS starke 320d mit 2,0-Liter-Turbodiesel – und er ist, so die Ingenieure, auch extrem sauber. Dieser Motor überzeugt. Man stehe zum Diesel als “wichtiger Übergangstechnologie”, heißt es bei BMW politisch korrekt. Ein bißchen wenig Enthusiasmus für ein nach wie vor überlegenes Konzept.

Nur auf der Rennstrecke war der noch leicht getarnte M 340i xDrive zu testen (er besitzt einen 3,0-Liter-Reihen-Sechszylinder mit 374 PS), und eine Fahrt im kommenden Plug-In-Hybrid 330e steht noch aus. Der Hybrid soll 60 Kilometer rein elektrisch schaffen, sofern man das Bedürfnis verspürt, die Emissionen vom extrem sauberen Euro-6d-Temp-Benzinmotor auf das karbongesättigte Stromnetz zu verlagern.

Die Ära der manuellen Getriebe geht in München übrigens zu Ende: Nur noch den 320d und den nachfolgenden 318d soll es mit der schönen, präzisen und leichten Handschaltung geben. Die bislang bis hinauf zum 340er lieferbare Schaltung wird nunmehr restlos von einer Wandlerautomatik verdrängt, die über acht Stufen verfügt und damit für alle möglichen Fahrsituationen eine Vielzahl von Übersetzungen anbietet.

Elektronik über alles

Das Cockpit gefällt: Es war beim 3er schon immer ergonomisch stark auf den Fahrer ausgerichtet. Bei den folgenden Serien wurde dieses Grundprinzip an den Zeitgeist angepasst. Ein Beispiel dafür: Es gibt keine analogen Instrumente mehr. Mit dem “Live Cockpit Plus” lassen sich allerdings noch runde Anzeigen darstellen. Das ganze wirkt angenehm aufgeräumt; der Fahrer wird tatsächlich von unnützen Informationen verschont, wenn er es wünscht. Und die Verarbeitung besitzt durchgängig Premium-Niveau mit hochwertigen Oberflächen.

Doch das ist längst nicht alles: Das Cockpit ist “multimedial”, läßt sich also über Sprache, Direktberührung, Gestik und den iDrive-Knopf bedienen. Die Darstellung ist stufenweise reduziert: Wird die Navigationskarte im Mitteldisplay noch detailliert angezeigt, so ist die Darstellung in der Instrumentierung reduziert und tritt im Head-Up-Display nur noch als Pfeil auf. Die Lichtinszenierung ist bronze bis kühl blau.

Der Fahrer soll sich die angezeigten Informationen personalisieren und mit “Live Content” mischen, der Sprachassistent soll nun noch besser und einfacher verstehen. Man könne, so BMW, ohne Pause, einfach und flüssig Sprachbefehle geben. Und mit der Zeit lerne der intelligente 3er den Fahrer in seinen Präferenzen kennen und kann ihn zum Beispiel gleich mit der Lieblingstemperatur für die Sitzheizung beglücken. Der Sprachassistent solle keine automobile Variante von Alexa oder Siri sein, und man besitze ein Alleinstellungsmerkmal, indem man die werkseitige Aktivierung von „Hey BMW“ auf ein persönliches Aktivierungskennwort ändern kann.

Wie intelligent das System ist, zeigt sich auch an der Tatsache, daß nur eine eventuelle Reifenpanne angezeigt wird, sondern auch gleich passende Hilfestellungen angeboten wird: Wie weit wäre es zur Werkstatt oder Tankstelle, wie weit käme man bei dem aktuellen Druckverlust noch mit dem Pneu. Und die Aussage des Fahrers, er sei müde, leitet ein Vitalisierungsprogramm ein: Die Ambientebeleuchtung wird grün, die Dachverschattung öffnet sich, die Lüftung pulsiert und kühlt auf 18 Grad ab. Beklagt man sich über „Streß“, wechselt die Farbe auf orange und sanfte Musik setzt ein. Manche dieser Funktionen funktionierten nur, wenn eine Internetverbindung besteht; fahrzeugbezogene Kommandos sollen auch offline möglich sein. Und wie an einer App werde ständig weiterentwickelt.

Das ist auch ratsam, da bei unseren Testwagen die Spracherkennung eine Trefferquote von kaum 20 Prozent vorweisen konnte. Wenn mal ein Kommando erkannt wird, gibt es keine Rückmeldung, sondern das Auto beginnt einfach zu agieren. Und wer eine bestimmte Zielkategorie sucht, bekommt zwar eine Reihe von Adresse präsentiert, die allerdings nicht genauer erklärt werden. Fazit: Der IT-Fan muß mit dem Intelligenten 3er noch etwas Geduld haben.

Alle anderen können sich schon jetzt über die wohl beste Sportlimousine freuen, die aktuell gebaut wird.


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