Es ist Vorurteilen zu eigen, dass sie nicht so leicht zu verschwinden pflegen – die Marke Cadillac kann davon ein Lied singen. Hier denken Europäer nach wie vor gerne an behäbige Straßenkreuzer mit Heckflosse – dabei ist das Gegenteil der Fall: Der CT6 ist in seinem Segment das mit Abstand leichteste und agilste Auto. Jetzt gibt es ihn als Cadillac CT6 Plug-In Hybrid. Das ergibt Sinn – denn mit seinem niedrigen Ausgangsgewicht ist er für die Elektrifizierung geradezu prädestiniert.
Die Präsenz dieser Limousine lässt sich auf Fotos nur schwierig wiedergeben: Sie wirkt groß, aber modern und reduziert – mit schlanken, vertikal angeordneten Scheinwerfern und Heckleuchten. Die Hybrid-Veriante differenziert sich nur über die Modellbezeichnung 2.0E, womit der tatsächliche Hubraum exakt beschrieben wäre. (Käme er aus Deutschland, stünde bei gleichem Hubraum vermutlich 4.0 am Heck.) Und über den zweiten Deckel links gegenüber dem Tankdeckel, unter dem der hoffentlich klimaneutral erzeugte Strom gezapft wird.
Mit seinem 2-Motoren-Elektroantrieb und dem 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbo kommt der CT6 auf eine Gesamtleistung von stolzen 340 PS, die über ein Getriebe mit variabler Übersetzung auf die Hinterräder übertragen werden. Das maximale Drehmoment liegt bei stolzen 586 Nm. Und der Hybrid bietet einen klaren Vorteil: Im Gegensatz zur verbesserungswürdigen Acht-Gang-Hydra-Matic der alternativ angebotenen V6-Turbo-Version arbeitet dieses Getriebe extrem sanft. Im manuellen Modus können die Schaltpaddel verwendet werden, um der Rekuperationsgrad zu regulieren.
Die 18.4-kWh-Lithium-Ionen-Battery entstammt dem Chevrolet Volt, wobei sich die Reichweite wegen des höheren Gewichts leicht verringert. Dennoch schafft der CT6 Plug-In Hybrid 50 Kilometer rein elektrisch, und diesen Wert konnten wir – keine Selbstverständlichkeit bei elektrifizerten Autos – im Testbetrieb auch erreichen. Um die Batterien an einer Haushaltssteckdose für diese 50 Kilometer wieder vollständig aufzuladen, verstreichen übrigens 4,5 Stunden. Nicht gerade beeindruckend, aber auch nicht schlechter als bei anderen Elektroautos…
Leistung auf Sportwagen-Niveau
Im realen Betrieb wirkt dieser CT6 eher noch stärker, als es seine 340 PS suggerieren; der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt in ca. 5,5 Sekunden. Dazu passt das Fahrwerk: Die Lenkung ist präzise und direkt, und der Cadillac CT6 Plug-In Hybrid kennt praktisch keine Seitenneigung. Die rekuperierende Bremse fühlt sich allerdings etwas schwammig und wenig linear an. Das kennt man von Hybriden, und Cadillac hat das sprichwörtliche Rad nicht neu erfunden.
Die Hybrid-Variante des CT6 ist hervorragend ausgestattet, allerdings fehlen die hinteren Liegesitze und die Bose-Panaray-Stereoanlage – aus Packaging-Gründen. Schon ohne diese Elemente füllt die Batterie gefühlt ungefähr die Hälfte des nutzbaren Kofferraums aus.
Ob Plug-In-Hybride und Elektroautos nun dem Klima nützen oder nicht, wird unter Experten heiß diskutiert. Doch auch hier gilt die Macht des Vorurteils: Für die europäische Politik ist diese Debatte längst entschieden. Deshalb werden elektrifizierte Autos mit einer Palette von Markt- und Verkehrseingriffen gefördert. Und so kann man sich nur wünschen, dass GM die ausstehende Entscheidung zu einem europäischen Marktstart des Cadillac CT6 Plug-In Hybrid mit positivem Ergebnis trifft. Denn er macht mehr Spaß als die etablierte Konkurrenz. Wenn Hybrid, dann so.
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