Eigentlich hat Daimler das Segment erfunden, doch in den letzten Jahren ist der GLE ein wenig ins Hintertreffen geraten: Es handelte sich bei ihm zuletzt lediglich um ein Facelift der dritten Generation der M-Klasse, die ihrerseits bei ihrem Debüt im Jahre 2011 wegen ihres langweiligen Auftritts wenig Beifall erntete. Jetzt kommt ein völlig neukonstruiertes Modell – auf der neuen MHA-Architektur. Es reflektiert in Formgebung und Eigenschaften die Überzeugung seiner Schöpfer, daß SUV-Modelle zukünftig ebenso bedeutend sein werden wie konventionelle Limousinen – und sich deshalb keine Blößen geben dürfen.

Stilistisch zieht der neue GLE den Betrachter jedenfalls auf seine Seite. Es ist den Designern gelungen, das ausladende Format (Länge 492 cm, Breite 195 cm, Höhe 179 cm) gut zu kaschieren: Dieser erfrischend ruhig gezeichnete SUV wirkt bullig und durchaus kompakt. Nur die Seitenfenster verweisen auf die Vorgängergenerationen, die Schulterpartie ist stark ausgeprägt und das Heck wirkt sehr sportlich. Der cW-Wert (ab 0,29) ist Klassenspitze. Die Radgrößen liegen zwischen 18 und 22 Zoll.

Ebenso modern wie von außen präsentiert sich der GLE im Interieur. Dort weicht die angestaubte Optik der Nuller-Jahre, die den Vorgänger prägte, einem sehr modernen Auftritt. Im GLE wird die mit der A-Klasse eingeführte, jetzt nochmals verbesserte Optik der Instrumententafel mit SUV-Elementen wie den massiven Haltegriffen an der Mittelkonsole verbunden.

Besonders gut haben uns die bequemen, sorgfältig verarbeiteten Sitze gefallen. Das “Rough”-Leder, leider nur vom Fond aus wirklich zu bewundern, verströmt echten Offroad-Look, während die Designo-Sitzanlage mit Kellerfalten im Glattleder besonders hochwertig wirkt. Lediglich eine Attrappe ist der angedeutete Luftausströmer rechts neben den TFT-Bildschirmen des MBUX-Bediensystems.

Die Elektronik weiß alles

Die Bildschirme lassen sich vielfach konfigurieren, wobei es gewisser Einübung bedarf, zielgenau zwischen den unterschiedlichen Darstellungsvarianten hin- und herzuwechseln. Ein Head-Up-Display gibt es auch; es ist großflächig und detailreich ausgeführt. So hilfreich wie unterhaltsam ist übrigens die Dialogfunktion des GLE, die mit dem Kommando “Hey Mercedes” ausgelöst wird. So teilt das Fahrzeug Wetter- und Verkehrsinformationen mit, verfügt jedoch auch über enzyklopädisches Wissen. So weiß es, daß der US-Präsident auf den Namen Donald J. Trump hört, behauptet jedoch gleichzeitig, Staatsoberhaupt der Bundesrepublik sei Joachim Gauck.

Hier sollte also noch einmal nachgebessert werden, aber im Prinzip ist der GLE ja ohnehin ein Amerikaner: Seit jeher läuft die Baureihe in Tuscaloosa im US-Staat Alabama vom Band. Und das Reisen auf den US-Highways ist eine Domäne dieser Baureihe, deren Fahrkomfort nochmals bedeutend verbessert wurde. Das Geräuschniveau liegt auf extrem niedrigen Niveau, gleichzeitig sucht der Federungskomfort seinesgleichen. Das gilt insbesondere dann, wenn die 2035 Euro, teure, optionale Luftfederung geordert wurde – oder gleich das nochmals 7735 Euro teurere System “E-Active Body Control”.

Derart hochgerüstet verfügt der GLE unter anderem über eine “Curve”-Funktion, mit der er sich wie ein Motorrad in die Kurve neigt – bis zu einem Winkel von 2,8 Grad. Das System soll allerdings nicht zum Schnellerfahren animieren, sondern den Komfort steigern, weshalb es sich bei hohen Querkräften sowie bei Geschwindigkeiten ab 110 km/h graduell wieder abschaltet und auch nicht mit dem “Sport”-Fahrmodus kombiniert werden kann. Eine weitere einzigartige Funktion ist die kamerabasierte Fahrbahnabtastung, mit der sich die Dämpfer blitzschnell auf erkannte Fahrbahnunebenheiten einstellen können. Dieses System funktioniert bis ca. 150 km/h; es ist in der Lage, viele Fahrbahnstörungen praktisch zu egalisieren.

Zum überragenden Fahrkomfort des neuen GLE tragen – je nach Variante – auch die neuen Motoren bei. Vor allem der 270 kW/367 PS starke 3,0-Liter-Reihensechszylinder-Benziner im GLE 450 agiert seidenweich; die 48-Volt-Hybridisierung ermöglicht darüber hinaus einen elektrischen Extra-Boost von immerhin 15 kW/22 PS. Restlos überzeugend ist auch der 243 kW/330 PS starke Reihensechszylinder-Diesel im GLE 400 d. Von dieser Maschine wird es auch noch eine 200 kW/272 PS starke Variante geben, die auf die Bezeichnung GLE 350 d hört.

Und schließlich gibt es noch einen 180 kW/245 PS starken 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel im GLE 300 d. Dieses Aggregat geht besonders knauserig mit dem Sprit um. Den jüngsten Abgasvorschriften genügen alle Varianten locker.

Die Motoren sind an eine Neungang-Automatik gekoppelt, die Kraft wird auf alle vier Räder übertragen. Der Vierzylinder-Diesel verfügt über eine starre 50:50-Verteilung, bei den Sechszylindern ist die Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse vollvariabel.

Für den Einsatz im anspruchsvollen Gelände gibt es gegen Aufpreis ein Offroad-Paket, zu dem ein Reduktionsgetriebe gehört. So etwas gibt es bei vielen Konkurrenzmodellen nicht mehr. Und ebenfalls ungewöhnlich ist die optionale dritte Sitzreihe. Gerade die US-Kunden schätzen die Möglichkeit, im Bedarfsfall bis zu sieben Personen mitzunehmen.

Eine weitere Besonderheit haben die Stuttgarter übrigens noch in petto: Nächstes Jahr wird es nicht nur eine AMG-Variante mit über 442 kW/600 PS und einen Plug-In-Hybrid geben, sondern auch einen regulären, flüsterleisen 4,0-Liter-V8. In Verbindung mit einer 48-Volt-Hybridisierung dürfte der GLE 580, so die Modellbezeichnung, über 368 kW/500 PS auf die Kurbelwelle stemmen. Und mit dieser Version verfügen die Stuttgarter dann über ein weiteres Alleinstellungsmerkmal.


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QuelleDaimler
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