Als “Sportwagen” ist der Insignia auf der Opel-Webseite rubriziert, und zwar mit beiden Karosserieformen. Handelt es sich beim Opel Insignia Sports Tourer etwa um eine Baureihe im Sinne des unvergessenen Manta?

Eher nicht. Tatsächlich gehört er passgenau in die Traditionslinie, die mit dem Ascona begann und vom Vectra weitergeführt wurde, bevor Opel mit der Vorgängergeneration die Modellbezeichnung abermals änderte. Aber er hat gewaltig zugelegt: Mit einer Länge von 499 cm und einer Breite von 186 cm erreicht er inzwischen das Format der berühmten KAD-Baureihe, mit der Rüsselsheim in den 60er- und 70er-Jahren eine Attacke auf die S-Klasse startete. Ein Passat Variant ist jedenfalls kleiner, und auch der großzügige Volkswagen Arteon nimmt weniger Verkehrsfläche in Anspruch.

Elegant ist er jedenfalls geworden, sowohl innen wie außen. Der Übergang von Armaturenbrett zu Tür ist mit umschlossenen Lüftungsgittern sauber gelöst. Das Infotainment mit “OnStar” und Concierge-Service funktioniert tadellos, und das (nicht sonderlich hübsch integrierte) Head-Up-Display arbeitet ebenfalls perfekt. Von einer Sparlösung à la Volkswagen oder Frontantriebs-BMW, wo Zahlen und Symbole auf eine kleine Scheibe projiziert werden, hat Opel Abstand genommen.

Dafür ist die Materialqualität eher durchschnittlich: Bei den jungen Testwagen hat der Haken zur Verriegelung der Mittelarmlehne schon Kratzspuren im gegenüberliegenden Gehäuse verursacht. Die Passung der Kunststoffteile enttäuscht ebenfalls; Opel schiebt das auf die Vorserie.

Der Antrieb im Opel Insignia Sports Tourer

Bei den Ottomotoren bildet der 1,5-Liter-Turbo mit 165 PS derzeit die Mitte zwischen einer gedrosselten Variante mit 140 PS und einem 2,0-Liter-Turbo mit 260 PS. Die Dieselmotoren leisten 110, 136 oder 170 PS. Wir sind den 165-PS-Insignia mit Sechsgang-Handschaltung gefahren – ein ruhiger, kultivierter Motor, für den Alltag wie geschaffen. Ein V6, sagt Opel, sei wegen der Verbrauchsvorschriften nicht mehr zu realisieren. Schade, doch immerhin dürfte Opel bei den Vierzylindern auch übr die 260 PS hinaus noch einmal nachlegen, wenn eine OPC-Variante auf den Markt kommt.

Eine Enttäuschung ist das Fahrwerk. Im Normal-Modus erheblich zu weich, ist das Fahrverhalten im Sport-Modus ordentlich. Aber im Sport-Modus verhärtet die Lenkung viel zu stark, und insgesamt gibt es deutlich zu wenig Feedback von der Straße. Die 18-Zoll-Räder sind den unkomfortablen 20-Zöllern übrigens vorzuziehen.

Opel bezeichnet den Insignia als das Fahrzeug mit den “meisten Innovationen im Segment”; man wolle “Technik und Assistenzsysteme demokratisieren.” Doch die Systeme brauchen teilweise noch etwas Feinschliff: Der Spurassistent erkennt Linien schlecht, und selbst wenn er sich Orientierung verschafft hat, pendelt der Insignia zwischen den Linien, anstatt in der Mitte zu bleiben. Viel zu häufig steigt er ganz aus – gerne dann, wenn man auf der Autobahn an die linke durchgezogene Linie kommt. Das System von Volkswagen, soviel steht fest, spielt in einer völlig anderen Liga.

Immerhin hat der Insignia viel Platz: Der Kofferraum ist auf maximal 1665 Liter gewachsen, der Laderaum ist bis zu 2 Meter lang, und die Einstellbereiche der Sitze sind extrem. Es gibt gegen Aufpreis eine Massagefunktion und einstellbare Sitzwangen.

Die neue Epsilon-2-Architektur, die technische Basis des Insignia, ist leichter und etwas steifer als die Vorgängerplattform; knapp 1,5 Tonnen bringt der Sports Tourer in der Einstiegsvariante auf die Waage. Für einen “Sportwagen” wäre das zu viel, für einen knapp 5 Meter langen Familienkombi geht es völlig in Ordnung. Genauso wie der Preis: Schon bei 26 940 Euro geht es los. Günstig und geräumig: Vielleicht ist dieser Insignia ja der neue Omega Caravan.

Update

Wenigen Tage nach Erscheinen des Artikels hat Opel auf der Webseite die Kategorie “Sportwagen” gelöscht.


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