Die Medienkaste empört sich über “VW-Skandale”, der Kunde kommentiert die atemlose Enthüllungs-Orgie auf seine Weise: Er kauft. Nach wie vor ist der VW Golf mit großem Abstand das meistverkaufte Auto in seinem Segment. Jetzt hat VW die siebte Modellgeneration einem Facelift unterzogen.

Dabei gilt, dass der Golf zwar ein geradezu klassenloses Fahrzeug ist, innerhalb der Baureihe gibt es allerdings deutliche Hierarchien. Steigen wir oben ein, beim Golf R, dem Spitzenmodell der Baureihe und Maßgröße für das Potential, das in ihr steckt.

Mit dem Facelift ist die Leistung nochmals gestiegen – und zwar auf 310 PS, per Ladedruckerhöhung von 1,2 auf 1,4 bar mit Anpassungen an Software und Wastegate. Allradantrieb ist beim Golf R Standard, die Vmax liegt bei 250 km/h.

Schon zur Jahresmitte wird es außerdem ein Performance-Paket geben, bei dem die Höchstgeschwindgkeit auf 267 km/h steigt; beim Variant sind es wegen der besseren Aerodynamik sogar 270 km/h. Dann gehört auch eine Hochleistungs-Bremsanlage wie im GTI Clubsport zur Ausrüstung. Die wohlklingende Titan-Auspuffanlage wurde gemeinsam mit Akrapovic entwickelt, beim regulären Modell verfügt sie auch über eine Klappensteuerung, die beim Variant aus Packagegründen entfällt.

Mit Semislicks und dem Allradantrieb lenkt der Golf R nicht nur sehr gut ein, man kann ihn auch sehr früh aus der Kurve herausbeschleunigen. Der Auspuffklang ist gut hörbar, jedoch nicht krawallig. Das Prädikat: Eindrucksvoll – und das gilt auch für den 70 kg schwereren Variant, der mit noch besserer Gewichtsverteilung aufwartet. Übrigens wählen immer weniger Kunden den Handschalter, obwohl das Doppelkupplungsgetriebe aufpreispflichtig ist. Und das gilt auch für die zweitürige Version: 90 Prozent der Kunden greifen zum Viertürer.

Auf den unter dem früheren Entwicklungsvorstand Heinz-Jakob Neußer angekündigten Golf R400 mit 400 PS braucht man sich übrigens keine Hoffnungen mehr zu machen: “Das waren die Car Guys der alten Führung”, heißt es dazu heute: “Jetzt hat sich die Lage geändert.” Einen Seitenhieb auf die Konkurrenz kann man sich nicht verkneifen: “Der Golf R mit 310 PS schafft mit DSG, wofür andere 380 PS benötigen.” Hier darf sich nicht nur Audi, sondern vor allem Mercedes-AMG angesprochen fühlen.

Rund 7500 Euro günstiger als der Golf R ist der frontgetriebene GTI, der jetzt 10 PS mehr leistet, in der Perfomance-Version sogar 25 PS mehr. Das optionale 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe ist effizienter geworden. Und der fehlende Allradantrieb wird gut kaschiert; der GTI ist extrem kurvengierig, teils an der Schwelle zum Übersteuern.

Zu den Premium-Gölfen anderer Machart zählen die elektrifizierten Varianten: Der GTE mit seinem Plug-In-Hybrid-Antrieb – und der vollelektrische E-Golf. Beim GTE, dessen Modellbezeichnung GTI- bzw. GTD-ähnliche Sportlichkeit suggerieren soll, steigert die prädiktive Ansteuerung des Hybridantriebs die Effizienz; beim E-Golf liefert eine neue Batterie mit enger gepackten Zellen gar 50 Prozent mehr Reichweite. Die liegt jetzt bei realistischen 200 Kilometern; Schleicher können sogar noch etwas mehr herausholen. Dann allerdings muss auf Beschleunigungs-Orgien verzichtet werden. Der drehmomentstarke 136-PS-Motor treibt den E-Golf in 9,6 auf 100 km/h.

Eine nette Spielerei zählt die Umschaltefunktion von D auf B, um die Rekuperation zu erhöhen. Und wegen der schweren Akkus liegt der Schwerpunkt um stolze 6,9 cm niedriger als beim normalen Golf; dadurch liegt der Batterie-Golf sehr gut auf der Straße und glänzt mit neutralem Fahrverhalten.

Und dann gibt es auch die ganz normalen Varianten, von denen uns der neue 1,5-Liter-TSI mit 150 PS in Kombination mit dem Handschaltgetriebe am besten gefallen hat. Mit dem Miller-Cycle-Verbrennungsverfahren konnte VW einen Liter Minderverbrauch herausholen.

Das Facelift des Golf ist im Grunde ein kleines Update; am wichtigsten sind die neue Elektronik und das eindrucksvolle Mitteldisplay. Bei Stau erkennt der Golf jetzt auch, wenn man eine Gasse bilden möchte; eine Fußgängererkennung ist ebenfalls an Bord, und einige der Assistenzsysteme, die bisher bei 160 km/h ausgestiegen sind, funktionieren jetzt bis zu 210 km/h; im Grunde hat VW viele Systeme vom Passat in den Golf heruntergeholt. Als Antwort auf eine selten gestellte Frage fungiert die Gestensteuerung, die auf Wischbewegungen vor dem Bildschirm reagiert; dass damit noch relativ wenige Funktionen gesteuert werden, erklärt ein Pressesprecher damit, dass sich die Kunden erst daran gewöhnen müssten.

Die optischen Änderungen sind im übrigen milde ausgefallen; vor allem die Fronschürze sieht jetzt ansprechender aus, die Scheinwerfer und Rückleuchten sehen futuristischer aus. Bis in wenigen Jahren der Golf VIII auf den Markt kommt, ist die siebte Modellgeneration bestens gerüstet, um weiterhin als Publikumsliebling zu glänzen. Auch wenn es den Skandalisierern nicht gefällt…


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