Die Auto-Welt wäre vermutlich schöner, wenn nicht vor zweieinhalb Jahren in Form des Dieselskandals ein Blitz eingeschlagen hätte. Im VW-Konzern purzelte ein Fahrspaß-Projekt nach dem anderen. Wenige blieben übrig; eines davon ist die GTI-Variante des kleinen VW Up.

Auch wenn die Wolfsburger als Inspiration den Golf I GTI bemühen, so kommt der Up GTI in Wirklichkeit dem Lupo GTI aus dem Jahr 2000 sehr viel näher – jenem 125 PS starken Luxus-Mini, der unter Ferdinand Piëch mit allem ausgerüstet wurde, was gut und teuer war. Er trumpfte unter anderem mit Bi-Xenon-Scheinwerfern und zahlreichen Aluminium-Komponenten auf. Die teilte er sich mit dem sensationell effizienten Lupo 3L TDI, was in Einkauf und Produktion zu den erwünschten Skaleneffekten führte.

Die Öko-Monstranz trägt heute der vollelektrische e-Up vor sich her, und man muss wohl nicht bedauern, dass sich die Überschneidungen dieser Variante mit dem Up GTI in Grenzen halten.

Der kleine GTI ist eine Modellvariante mit langem zeitlichem Vorlauf. Schon im Januar 2012 war ein Prototyp zu fahren; damals rechnete man mit einer Markteinführung spätestens 2014. Statt dessen kam im Sommer 2016 eine Turbovariante mit 90 PS, gekoppelt an ein Fünfgang-Schaltgetriebe und ohne besondere Fahrwerksoptimierungen. Doch ein GTI muss mehr bringen.

Deutlich besser ausgestattet

Für 16 965 Euro steht die neue Version in Deutschland in der Preisliste. Und sie ist von Haus aus gut ausgestattet: Zum Lieferumfang gehören optisch neue 17‘ Alufelgen, Wabengrill, schwarzer Doppelstreifen über dem Schweller und größerem Spoiler. Innen sind auffällig der GTI-typische Karostoff, geänderte Sitze und rote Ziernähte.

Die Leistungssteigerung von 90 auf 115 PS ist nicht trivial, erklärt Petr Cervenka von der Aggregateentwicklung: Der Dreizylinder-Turbo der Motorenserie EA211 ist der erste VW-Motor, der nach Euro 6d TEMP mit WLPT-Messung und RDE-Prüfung zertifiziert ist. Er ist in der Hardware grundsätzlich identisch mit der 90-PS-Variante, allerdings kommen andere Kolben zum Einsatz.

Durch das neue, kombinierte Abgassystem mit 3-Wege Kat, motornahe, Otto-Partikelfilter und Sperrkatalysator ist der Gegendruck deutlich angestiegen. Dies kostet zusätzlich Leistung, und auch deshalb hat die Entwicklung des Up GTI etwas länger gedauert. Um dem negativen Einfluss der Abgasreinigung entgegenzuwirken wurde der Lader mit anderer Schaufelgeometrie angepasst, der Einspritzdruck von 250 auf 350 bar erhöht und das Mapping umfangreich angepasst.

Die kombinierte Abgasreinigung liefert noch in einem weiteren Punkt eine Herausforderung: Das Auto wird dadurch noch leiser. Deshalb hat der Up GTI Soundaktoren bekommen, die über die Frontscheibe akustisch die Emotionen der Passagiere beflügeln sollen; von außen ist das nicht zu hören. Die Umsetzung ist recht gut gelungen; der charakteristische, sportliche Dreizylinder-Klang wird beibehalten. Große Sportwagenmusik darf man hier nicht erwarten, aber im Rahmen des gesetzlichen Umfelds ist heutzutage kaum mehr möglich.

Die Gasannahme ist etwas weich und indirekt, ein Turboloch ist immerhin kaum zu bemerken. Für sportliches Fahrvergnügen benötigt man höhere Drehzahlen über 4000 U/min, dann steht konstant gute Leistung an. Aber schon zwischen 2500 und 3000 U/min liegt volles Drehmoment an. Man kann also schaltfaul fahren, obwohl der GTI der einzige Up mit 6-Gang-Schaltung ist. Im Vergleich zur Fünfgang-Box des TSI wurden nochmals die Getriebelager verstärkt; das Getriebe schaltet sich tadellos. Die Fahrleistungen können sich sehen lassen: Der Sprint von 0 auf 100 km/h dauert 8,8 Sekunden, die Vmax liegt bei 196 km/h. Ein Automatikgetriebe wird übrigens weder angeboten noch vermisst.

Fahrverhalten wie ein Go-Kart

Zu den wichtigsten Zielen im Lastenheft gehörte ein Kart-artiges Fahrgefühl, und um das zu erreichen, hat VW, so Fahrwerksentwickler Dr. Harald Pensky, zahlreiche Register gezogen. Die Lenkung hat eine andere und direktere Kennlinie bekommen, der GTI liegt um 15 Millimeter tiefer, er verfügt über verstärkte Federbeinlager und andere Stoßdämpfer mit 2 Millimeter dickeren Kolbenstangen. Der Stabilisator ist um 30% steifer; insgesamt ging es um mehr Seitensteifigkeit, um die weitgehende Unterdrückung der Untersteuertendenz und ein direktes Ansprechverhalten der Lenkung.

Durch die größeren Bremsscheiben gibt es etwas mehr ungefederte Masse am Rad, und um die 17-Zoll-Räder unterzubringen, haben die Felgen 15 Millimeter mehr Einpresstiefe und pro Rad eine um 4 Millimeter breitere Spur. Mehr war im Sinne der nötigen Freigängigkeit nicht möglich; die Kotflügel wollte man nicht herausziehen. Spezielle Leichtbaumaßnahmen waren ebenfalls nicht drin, statt dessen wollte man so wenig wie möglich auf den Up draufpacken. Und das ist gelungen, denn mit 1070 Kilogramm liegt das Leergewicht für heutige Verhältnisse erfreulich niedrig.

Das angestrebte Go-Kart-Fahrgefühl haben die Entwickler tatsächlich erreicht; die Straßenlage ist phantastisch, der Up GTI bereitet viel Fahrfreude, ohne zu hart abgestimmt zu sein. Die Untersteuerneigung ist deutlich geringer als beim normalen Up, und das Auto wirkt viel steifer und straffer. In der Mittellage könnte die Lenkung noch etwas präziser sein, dafür ist die Bremse perfekt abgestimmt. Die eigentlich sehr komfortablen Sitze könnten übrigens durchaus mehr Seitenhalt vermitteln.

Rund 5 Prozent aller Up sollen fortan das GTI-Logo tragen; VW will damit nicht nur die Baureihe aufwerten, sondern auch Geld verdienen. Im Grunde bedeutet dieser klassenlose Fahrpaß-VW sogar noch mehr: Er ist nach all den Streichungen der Post-Winterkorn-Ära endlich wieder ein eher unvernünftiges Auto aus Wolfsburg.

Die Freude und Motivation der Techniker am Up GTI ist nicht nur deutlich zu spüren, sie überträgt sich auch unmittelbar auf den Fahrer. Es gibt sie noch, die schöne alte Auto-Welt.


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