Wir waren auf der Automesse in New York, standen für die “World Car Awards” sogar auf der Bühne. Und dürfen berichten: Die Wende ist eingeleitet, zurück zum sauberen Verbrennungsmotor. Die Elektro-Revolution ist in Amerika abgesagt. Das zeichnete sich zwar schon in den letzten Jahren ab – doch damals saß noch Joe Biden im Weißen Haus, seine Berater wollten die USA partout zum Elektro-Land transformieren. Jetzt regieren die Republikaner. Und damit ist der politische Wille hinter diesem Projekt erloschen.

Die Biden-Regierung hatte die E-Mobilität noch massiv gefördert, fast so radikal wie die EU, wenngleich ohne die Anmaßung von Technologieverboten. Doch trotz massiver Subventionen und medialen Rückenwinds lag der Marktanteil 2024 für Vollelektro-Fahrzeuge bei gerade mal 8,5 Prozent, die Hälfte davon ging an Tesla. Nun werden die Subventionen abgewickelt. Und man darf davon ausgehen: Viel größer wird der Elektro-Anteil jetzt nicht mehr werden.

Die Top Three bei den World Car Awards: BMW X3, Hyundai Inster, Kia EV3.

Das bedeutet für die Industrie: Höchste Zeit für einen Strategiewechsel. Denn wer partout ab 2030 oder 2035 keinen Verbrenner mehr anbieten will, und das haben viele Hersteller in den letzten Jahren beflissen proklamiert, der müßte jetzt seinen Abschied vom US-Markt vorbereiten. Natürlich sind diese Erkenntnisse angekommen, und in Hintergrundgesprächen werden die offiziellen Durchhalteparolen längst relativiert.

Aus dem VW-Konzern ist zu hören: Natürlich haben wir unsere Verbrenner-Kompetenz nach besten Möglichkeiten bewahrt, auch während der Ära Diess. Bei Stellantis ließ man Hemi-V8 bei den großen Pickup-Modellen im Programm, um die Bänder weiterlaufen zu lassen; jetzt wird er wieder hochgefahren.

Im Hyundai-Konzern verfolgt man mehrere Entwicklungsansätze, um wieder einen V8 anbieten zu können. Porsche stellt einen Nachfolger des klassisch angetriebenen Macan auf die Räder, eng verwandt mit dem neuen Audi Q5. Und zeitgleich mit der Automesse ist durchgesickert, daß Nissan zwei geplante Elektro-Limousinen ersatzlos gestrichen hat: Es gibt zu wenig Interesse an solchen Autos. Daß man industrieweit zahlreiche “reine” Elektroplattformen eilig umkonstruiert, um Raum für “Range-Extender”-Motoren zu schaffen, sei nur am Rande erwähnt. So zum Beispiel die SSP-Architektur von Volkswagen.

Der Genesis X Gran Equator: Viel Platz unter der Haube.

Die Zahl der Debüts und Aussteller in New York ist heuer eher bescheiden, die Bedeutung der Automessen liegt nicht mehr auf Vor-Corona-Niveau, viele Hersteller setzen auf andere Formate. Aber ein paar eindrucksvolle Modelle gab es durchaus zu sehen.

Beispielsweise die brutale Studie Genesis X Gran Equator, über dessen Antrieb sich die Marke ausschweigt und dessen Frontpartie – mit eindrucksvollem “Prestigemaß” – gleichermaßen einen gewaltigen Verbrenner wie einen überdimensionierten „Frunk“ beherbergen könnte. Nebenbei berichtet Genesis über feste Pläne zum langfristigen Einstieg in den Motorsport, auf der Bühne repräsentiert Rennfahrer-Legende Jacky Ickx das Genesis-Magma-Team.

Genesis macht ernst im Motorsport.

Hyundai zeigt den neuen Palisade, einen großen SUV mit Hybrid- oder V6-Antrieb; er kontrastiert mit seinem Schwestermodell, dem Elektro-SUV Ioniq 9. Welches Auto die größeren Stückzahlen erreichen wird, kann man sich vorstellen.

Bei Kia steht der neue K4 mit Heckklappe, ein Kompaktwagen, der auch nach Europa kommen wird. Subaru liftet das Elektroauto Solterra mit konventionelleren Linien als bisher und stellt die nächste Generation des erfolgreichen Outback vor.

Hyundai Palisade XRT: V6 oder Vierzylinder-Hybrid

Der große Geländewagen Jeep Wagoneer kommt in einer limitierten Sonderserie mit Unterbodenschutz und Geländeuntersetzung – einem Merkmal, das Mercedes-Benz übrigens beim letzten Facelift aus der Aufpreisliste des GLS herausgenommen hat. VW hat schlechte Nachrichten für Sportfahrer: Die Handschaltung verschwindet aus GTI und Golf R.

Unterdessen macht der Sportwagen Dodge Charger mit seinem Elektroantrieb im Moment eine traurige Figur. Selten ist eine Baureihe so schwach gestartet: Die Händler verramschen das nagelneue Auto bereits mit fünfstelligen Rabatten. Sie warten ungeduldig auf die Variante mit Verbrennungsmotor, die jetzt hastig fertigentwickelt wird.

Bald kommt im Charger ein V6-Turbo. Danach der Hemi-V8?

Bei den „World Car Awards“, die traditionell am Morgen des ersten Pressetages verliehen werden, schlägt auf den ersten Blick noch einmal die Stunde der Elektromobilität: Eine Jury von knapp 100 Journalisten hat den Kia EV3 zum „World Car Of The Year“ gewählt. Doch unter den Top 3 findet sich auch der BMW X3 mit seinen modernen Otto- und Dieselmotoren.

Die Ergebnisse in den anderen Kategorien: Bei den “Urban Cars” siegt der Chinese BYD Seagull, den Sieg bei den “World Luxury Cars” holt der Volvo EX90, “World Electric Car” ist der Hyundai Inster und “World Performance Car” wird der Porsche 911 GTS. Der Volkswagen ID. Buzz wird für sein Design prämiert, und zur “World Car Person of the Year” küren die Journalisten die BYD-Führungskraft Stella Li.

Ein starkes Symbol der Trendwende sind die Ergebnisse der jährlichen globalen Journalistenbefragung des Beratungsunternehmen Aitastic. Das im Rahmen der WCOTY-Veranstaltung von Kai Bossmann verkündete Ergebnis paßt ins Bild dieser Messe: Der Verbrenner bleibt stabil, sogar der Abwärtstrend des Diesel ist gestoppt, synthetische Kraftstoffe nehmen an Bedeutung zu.

Auf der Messe feiert sich die Branche. Doch die Herausforderungen sind groß.

Zum Ausklang der Messe kommen wir im kleinen Kreis im Restaurant “Mari Vanna” zusammen, ein politischer Berater aus Washington ist dabei. Wir diskutieren die Stimmung in der Branche, nicht nur die ideologischen Weichenstellungen beim Antrieb, sondern auch die längst aufgegleisten Regulierungen, mit denen Autos – ähnlich wie in der EU – jede Aktion des Fahrers überwachen, korrigieren und protokollieren sollen. Es wird ein langer Abend. Und wir gewinnen den Eindruck: In viele Themen kommt noch einmal Bewegung.


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