Klassiker im Alltag? Das funktioniert hervorragend, so unser Experte Matthias Knödler. Im Gespräch informiert er über konkrete Trends und Tendenzen.

GTspirit: Im ersten Teil unseres Gesprächs haben Sie die Audi- und VW-Modelle der 70er- und 80er-Jahre als Einstiegsklassiker empfohlen, aber auch zum Beispiel die Porsche-Modelle 924 und 944. Wie sieht es bei den anderen deutschen Herstellern aus?

Knödler: BMW ist im Moment die einzige Marke, bei der die Preise weiter anziehen. Die Modelle der 02er-Reihe haben sich in den letzten drei Jahren im Preis fast verdoppelt und liegen bald auf dem Niveau des Alfa Romeo “Bertone”. Auch die 6er-Reihe ist stark im Wert gestiegen. Mercedes-Benz ist ungebrochen stark, die Nachfrage nach dem W 123 ist beispielsweise anhaltend sehr gut. Pagode und 190 SL sind allerdings preislich in Bereiche abgehoben, in denen sich weniger tut, und die verlangten Preise werden auch oft nicht bezahlt.

GTspirit: Dann gibt es die Italiener. Sie üben seit jeher eine besondere Faszination aus.

Knödler: Das ist richtig und vor allem die Lancia-Modelle der 50er- und 60er-Jahre haben merklich angezogen, vielleicht noch bis zur Fulvia, bei den späteren Modellen ist die Nachfrage geringer. Eine sichere Bank ist auf jeden Fall der Fiat 500, weil er mit seiner Größe eine ziemliche Alleinstellung besitzt und einfach sympathisch ist.

GTspirit: Wie sieht es bei den Exoten wie Ferrari und Lamborghini oder auch Bentley und Rolls-Royce aus?

Knödler: Bei diesen Marken laufen eigentlich nur die ganz hochpreisigen und seltenen Autos. Günstigere Modelle sind sehr schwer verkäuflich. Einen Rolls-Royce Silver Shadow bekommt man zum Beispiel für ganz kleines Geld und auch an einem Ferrari Mondial oder 328 besteht eigentlich wenig Interesse.

GTspirit: Vor manchen Modellen scheinen Liebhaber regelrecht Angst zu haben. Ich denke dabei an komplexe Technik wie im Maserati Biturbo und Lancia Gamma oder auch an den Jaguar E-Type.

Knödler: Wenn die Kunden Angst vor einem Auto haben, dann hat das meistens gute Gründe (lacht). Schauen Sie sich den Jaguar E-Type an: Der ist vor allem für den US-Markt als billiges und schnelles Auto gebaut worden und er war ja auch entsprechend billig im Kauf. Für derartige Modelle gilt heute die Faustregel: Ein Euro pro Kilometer.

GTspirit: Aber man kann sich doch über eine Gewährleistung absichern, oder?

Knödler: Wer beim Händler kauft, bekommt eine Gewährleistung, wobei sich die Händler über eine Versicherung absichern. Diese Versicherungen zahlen aber nur anteilig entsprechend Alter und Kilometerleistung eines Autos. Ab einem bestimmten Alter kann sich das auf nur noch 20 oder 10 Prozent reduzieren. Das muß man als Kunde wissen.

GTspirit: So langsam gelangen Autos auf den Markt, bei denen im großen Stil Elektronik verbaut wurde. Lassen sich diese Autos am Leben erhalten?

Knödler: Ich stelle fest, daß sich inzwischen eine Szene entwickelt, die sich auch um diese Themen kümmert, jedenfalls wenn eine halbwegs ausreichende Nachfrage besteht. Es gibt inzwischen Steuergeräte, ABS-Geräte, auch überholte Instrumente für erstaunlich wenig Geld. Ich mache mir da keine ganz großen Sorgen.

GTspirit: Würden Sie einem Kunden raten, einen Klassiker als einziges Auto bewegen?

Knödler: Generell ist bei den meisten Autos ab Mitte der 60er-Jahre die Gebrauchstüchtigkeit gewährleistet. Ich würde einen Klassiker trotzdem nur fahren, wenn die Straßen salzfrei sind. Denn wenn ein Auto so lange gut erhalten wurde, daß es zum Klassiker gereift ist, wäre es schade, dem Rost zu viele Angriffsflächen zu bieten. Aber im Sommer spricht überhaupt nichts dagegen. Klassiker machen einfach mehr Spaß.


Klassiker-Experte Matthias Knödler ist Oldtimerhändler (Sporting Cars), Journalist und Fotograf.


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