Amerika nach den Wahlen im Herbst 2024: Wechselstimmung liegt in der Luft, Donald Trump hat einen triumphalen Sieg eingefahren. Im Gegensatz zu 2016 hat Trump nicht nur die Mehrheit der Wahlmänner, sondern auch der Einzelstimmen erhalten. Der Senat geht wieder an die Republikaner, und die Republikaner haben die Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigt. Damit könnte Trump durchregieren – und das betrifft auch die Autobranche.
Unter dem scheidenden Präsidenten Biden hatten die USA noch auf E-Mobilität gesetzt: Der milliardenschwere „Infrastructure Investment and Jobs Act“ von 2021 sollte dafür sorgen, dass schon 2030 sollte die Hälfte aller verkauften Fahrzeuge „Null-Emissions-Fahrzeuge“ sein würden. Viele Autohersteller waren auf den Zug aufgesprungen, haben ihre Strategien aggressiv angepasst und milliardenschwere Entwicklungsprogramme aufgelegt. Doch trotz aller Bemühungen und schönen Worte verharren die Verkaufszahlen vollelektrischer Autos in den USA auf niedrigem Niveau: Im 3. Quartal 2024 waren es gerade einmal 8,9 Prozent.
Im Wahlkampf hatte Trump die E-Mobilität zum Thema gemacht und bei seinen Auftritten versprochen, das Ziel von 50 Prozent Elektroautos im Jahre 2030 mit Amtsantritt sofort zu streichen. Offen bleibt, welchen Einfluss Tesla- und Social-Media-Guru Elon Musk auf die Entscheidungen Trumps hat. Im Sommer hatte Trump gewitzelt: „Ich bin für Elektroautos, ich muss es sein, weil Elon mich so stark unterstützt.“ Zuvor hatte er die hochsubventionierten Batterie-Mobile mit beißendem Spott überzogen.
GTspirit hat einige Experten und Beobachter der Branche gefragt, womit sie nach dem Amtsantritt Trumps rechnen. Bei allen Unterschieden in der Bewertung wird klar: Die vollelektrische Zukunft ist in den USA abgesagt.
Karl Brauer, Executive Analyst bei iseecars.com: „Die Diskrepanz zwischen den aktuellen Vorgaben zur Elektrifizierung und der tatsächlichen Nachfrage hat die Autohersteller in eine unmögliche Situation gebracht. Sie haben Milliarden in die schnnelle Entwicklung von Elektroautos gesteckt, doch die Nachfrage bleibt schleppend und die Autos stapeln sich bei den Händlern. Ich gehe davon aus, dass die Trump-Regierung die aktuellen Flottenverbräuche und Vorgaben genau analysieren und letztlich durch eine neue Politik ersetzen wird, die der Marktrealität Rechnung trägt. Für die klassischen Autohersteller ist das im Endeffekt eine gute Nachricht, für reine Elektro-Marken wie Lucid, Rivian und Tesla eine schlechte.“
Henry Payne, Kolumnist bei den Detroit News: „Bei der Wahl stand auch die Elektroauto-Quote zur Abstimmung, weil der gewählte Präsident Trump versprochen hat, diese Regeln zurückzunehmen. Die Arbeiter in Michigan standen ihm dabei zur Seite, weil Hersteller wie Ford und Stellantis zuletzt Verluste eingefahren haben, und sogar Elon Musk hat die Zwangsquoten für Elektroautos in Frage gestellt.
Aber der Weg zur Deregulierung ist steinig. Ich gehe davon aus, dass Klima-Eiferer wie die Energieministerin Jennifer Granholm und EPA-Chef Michel Regan jetzt ausgetauscht werden. Sie hatten damit gedroht, den Verbrennungsmotor vollständig abzuschaffen und Autohersteller mit milliardenschweren Strafen zu überziehen, wenn sie die Flottengrenzwerte nicht erreichen. Doch die Autohersteller brauchen Raum zum Atmen, um ihr Angebot an Elektroautos und Verbrennern an die Nachfrage anzupassen, und das gilt auch für GM, Ford und Honda, die sich derzeit einer vollelektrischen Zukunft verschrieben haben.
Allerdings ist Kalifornien immer noch der Schwanz, der mit dem Hund wedelt. Das ist der größte Automarkt der Nation, und Kalifornien verlangt, dass ab 2026 35 Prozent und ab 2035 100 Prozent „Null-Emissionen-Autos“ sind; ansonsten werden pro Einheit, die unter dieser Quote bleibt, 20.000 Dollar Strafe fällig. Die Wahl Trumps hat daran erst einmal nichts geändert, ich gehe aber davon aus, dass die neue Regierung vor der Hintergrund des starken Wahlergebnisses noch einmal ihre Anstrengungen von 2019 wiederaufnehmen wird, um die kalifornischen Sonderregeln abzuschaffen und sie unter einen einheitlichen nationalen Schirm zu bringen.“
Lauren Fix, Analyst für Automotive Energy Trends bei Car Coach Reports: „Ich rechne damit, dass die Wahl von Trump der Autoindustrie helfen und ihr Wachstumspotential steigern wird. Wenn der Zwang zur Elektrifizierung fällt, können die Hersteller in Produkte investieren, an denen sie kein Geld verlieren, sondern die tatsächlich nachgefragt werden, und das können Hybride, Plug-In-Hybride oder einfach benzingetriebene Fahrzeuge sein. Elektroautos werden nicht verschwinden, sie werden Teil des Mix sein und den Kunden erlauben, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Tesla ist dabei führend; es ist eine amerikanische Marke, die hier Arbeitsplätze schafft. Ich gehe fest davon aus, dass Tesla weiterhin Erfolg haben wird.
Anton Wahlman, unabhängiger Journalist bei Seeking Alpha: „Trump wird für Musk zum zweischneidigen Schwert. Diese Wahl rettet Twitter/X, aber sie wird zum Absturz von Tesla führen, weil die Abschaffung der Subventionen und Quoten zugunsten von Elektroautos die Marke in eine schwere finanzielle Krise führen wird.“
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