Stilistisch eine Enttäuschung, ingenieurstechnisch ein großer Wurf: Sechs Jahre lang hatte Audi an der zweiten Generation des Q7 gearbeitet, drei Entwicklungsvorstände waren mit dem Auto befaßt, bevor es 2015 endlich auf den Markt kam. Das Auto überzeugte technisch: Als Vorreiter der MLB-Evo-Plattform konnte der Q7 mit allem aufwarten, was gut und teuer ist. Optisch jedoch gab es Verbesserungspotential: Mit seinem eckigen Aufbau und der pompösen Kühlermaske mangelte es dem großen SUV damals deutlich an Finesse.

Zwar verweist Audi auf gute Verkaufszahlen und behauptet, dass die Form des Q7 “gut im SUV-Segment angekommen” sei; keineswegs habe das Design polarisiert. Geändert hat man es jetzt trotzdem – und zwar massiv: Der Kühlergrill ist laut Audi “feiner” ausgeführt und beschreibt nun ein Oktagon; die Leisten auf Türen und Schweller ziehen mittig hoch, um mehr Bodenfreiheit zu suggerieren. Mit 5 mm mehr Einpreßtiefe stehen die neuen Alufelgen (18 bis 22 Zoll) optisch weiter außen. Und die neugestalteten Rückleuchten werden nun von einer massiven Chromleiste verbunden; Audi spricht gar von einem “Boattail”-Heck. Mit 506 cm Länge liegt der Q7 übrigens deutlich näher am BMW X7 als am X5, Audi sieht ihn dennoch als direkten X5-Konkurrenten an.

Völlig neugestaltet wurde das Interieur: Das schlanke und horizontal geprägte Cockpit, das dem A4 und A5 ähnelte, ist einer großzügig verglasten Armaturentafel gewichen, die direkt aus dem Q8 übernommen wurde und sich stilistisch an den Limousinen A6-A8 orientiert. Zur Auswahl stehen drei Lenkräder, alle im gängigen Dreispeichen-Design; die Polsterungen lassen sich durch Kontrastnähte akzentuieren.

Die tief heruntergezogenen, berührungsempfindlichen Bildschirme in der Mittelkonsole sind ein prägendes Designmerkmal des Q7; die Bedienung ist wirklich selbsterklärend. Allerdings werden die Oberflächen durch die Fingerabdrücke schnell unansehnlich, so daß Ästheten eigentlich ständig dabei sind, die Glasflächen mit dem Mikrofasertuch zu polieren.

Die Diesel passen am besten

Für Vortrieb sorgen zum Markstart zwei 48-Volt-hybridisierte Varianten des 3,0-Liter-V6-TDI-Motors, eines Baumusters, das von Kunden – sehr zum Ärger von Dieselgegnern in Politik und Medien – nach wie vor geliebt wird. Schon die Einstiegsvariante mit 231 PS spurtet in 7,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h, die Spitze liegt bei 229 km/h. Der Verbrauch liegt im strengen Zyklus bei nicht einmal 7 Litern pro 100 Kilometer. Das bedeutet enorme Reichweiten, von denen nicht nur Elektroautos, sondern auch die vielgepriesenen Plug-In-Hybride nur träumen können.

Darüber rangiert eine im Zyklus interessanterweise noch sparsamere Variante mit 286 PS, die in nur 6,3 Sekunden die 100-km/h-Marke durchmißt und 241 km/h schnell ist. Beide Motoren sind empfehlenswert, den Schritt zur 286-PS-Version läßt sich Audi mit moderaten 3000 Euro vergüten.

Für Leistungsfetischisten dürfte es sich allerdings lohnen, noch etwas zu warten: Es kommt auch noch ein SQ7 TDI mit 435 PS starkem V8-Turbodiesel.

Natürlich wird es auch Ottomotoren und Plug-In-Hybride geben, wir empfehlen jedoch, beim Diesel zuzugreifen: Die Selbstzünder sind viel sparsamer und drehmomentstärker – und im Innenraum ist das Verbrennungskonzept praktisch nicht zu hören.

Für die Kraftübertragung sorgt der optimierte Achtstufen-Automat, Allradantrieb ist Serie. Und es gibt drei Fahrwerkstypen: Stahl, Luftfederung und sportlich abgestimmte Luftfederung. Die Luftfederung bietet bis zu fünf verschiedene Trimmlagen. Neu ist, daß der adaptive Wankstabilisator ist nun auch für die Sechszylinder erhältlich ist. Die optionale Allradlenkung sorgt für mehr Wendigkeit mit um fast einen Meter kleinerem Wendekreis, und für den stärkeren Motor gibt es sogar eine Keramikbremse.

Der Volleinschlag der Lenkung wurde von vorher 2,9 Umdrehungen auf 2,4 Umdrehungen verringert; dafür war nicht nur eine Änderung der Software, sondern ein neues Lenkgetriebe nötig. Beim Fahren fällt die nun direktere Lenkung sehr positiv auf; gerade in Verbindung mit der Hinterachslenkung ist der Q7 nun merklich agiler.

Die Testrouten am Ring of Kerry in Irland bieten ideale Bedingungen, um das Lenkverhalten zu testen, und auch beim auf der grünen Insel obligatorischen strömenden Regen war die Straßenlage souverän. Im direkten Vergleich kristallisiert sich heraus, daß das optionale Luftfahrwerk und die Hinterachslenkung beinahe ein Muß sind: Das Plus an Agilität und Souveränität ist deutlich erlebbar. Ansonsten gilt: Je kleiner die Räder, desto besser ist der Komfort.

Natürlich dürfen bei einem neuen Audi die neuesten Telematik-, Assistenz- und Infotainment-Systeme nicht fehlen. Dazu gehört leider auch das Abhörgerät Alexa; vielleicht sollte Audi darüber nachdenken, dieses etwas undurchsichtige Ausstattungsmerkmal zur Option aufzuwerten.

Bestellbar ist der Audi Q7 ab sofort, die Auslieferungen beginnen im September. Die Preise beginnen in Deutschland bei 66 900 Euro.


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QuelleMatthias Knödler
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