Als “neue S-Klasse” tituliert Mercedes-Benz die neueste Version des Spitzenmodells. Wirklich? Auf den ersten Blick wirkt die jetzt vorgestellte Mercedes-Benz S-Klasse wie eine Modellpflege (“Mopf”), und nicht einmal eine besonders große: Von außen haben sich eigentlich nur Front- und Heckschürze geändert – und die Beleuchtungseinheiten.

Die Scheinwerfer tragen bei der Mercedes-Benz S-Klasse jetzt drei “Admiralstreifen” – im Gegensatz zur E-Klasse (zwei Streifen) und zur C-Klasse (nur einer). Sie korrespondieren mit den ebenfalls dreistreifigen Rückleuchten im “Stardust”-Look. Es gibt auch Basis-Scheinwerfer ohne Streifen. Die sind dafür größer – und werden deshalb in eine eigenständige Frontschürze eingefügt.

Auch innen hat sich auf den ersten Blick nicht viel geändert: Die TFT-Bildschirme (intern: “Große Scherbe”) sind jetzt zusammengewachsen, Leder ist jetzt Serie; Kritiker der Tierhaut-Verwertung bekommen auf Wunsch trotzdem Stoff. Und das ungewöhnliche Zweispeichen-Lenkrad, das uns eigentlich ganz gut gefallen hat, weicht pseudosportlichen Dreispeichen-Lenkrädern, die es in mehreren Ausführungen gibt.

Umso mehr lohnt sich der Blick unter das Blech. Denn dort hat sich so viel geändert, dass die Mercedes-Benz S-Klasse intern als komplett neues Modell behandelt wurde. Die Elektronik-Architektur ist völlig neu, gleiches gilt für die Antriebe.

Mercedes hat wieder Reihen-Sechszylinder

Mit den neuen Motoren von Mercedes-Benz verliert BMW ein eifersüchtig verteidigtes Alleinstellungsmerkmal: Die bisher verbauten V6-Motoren werden bei Daimler durch eine neue Generation von Reihenmotoren abgelöst. Den 2,9-Liter-Diesel gibt es mit 286 PS als S 350 d und mit 340 PS als S 400 d; am Steuer zeichnet er sich durch dieseltypisch satten Durchzug und sehr niedrige Verbrauchswerte aus.

Fasznierend sind die 3,0-Liter-Reihen-Sechszylinder-Ottomotoren, die es mit 367 PS als S 450 sowie mit 435 PS als S 500 gibt. Beide Versionen sind mit einem 48-Volt-Bordnetz und einem integrierten Starter-Generator ausgerüstet, der bei Bedarf extra Schub abgibt und das “Turbo-Loch” praktisch eliminiert. Dementsprechend aggressiv ist das Ansprechverhalten, und der Reihen-Sechszylinder dreht so seidig und vibrationsarm nach oben heraus, dass es eine Freude ist.

Noch mehr Leistung, nämlich stolze 469 PS, liefert der 4,0-Liter-V8 im S 560. Er liefert typischen Achtzylinder-Sound und linearen Schub bis in die obersten Geschwindigkeitsbereiche: Der klassische Luxus-Motor. Mit gleicher technischer Basis leistet der 4,0-Liter-V8 im AMG S 63 nunmehr 612 PS, die Leistungsentfaltung ist explosiv, die Nachverbrennung im Auspuff äußerst klangstark. Darüber rangieren die Zwölfzylinder im S 600 (530 PS) sowie im AMG S 65 und im Maybach S 650 (jeweils 630 PS), die nicht zu fahren waren. Doch diese Extrem-Maschinen bleiben im Vergleich zum Vorgänger weitgehend unverändert.

Das Fahrwerk ist oberklasse-like, eher komfortabel als sportlich – genau wie bei BMW und Audi. Die Spreizung zwischen den Fahrmodi ist deutlich spürbar, wobei die S-Klasse im “Comfort”-Modus zum Nachschwingen neigt, Fahrbahnunebenheiten jedoch fast restlos ausbügelt. Der “Sport”-Modus bietet den besseren Kompromiss; er ist komfortabel genug, aber das Auto bleibt stabiler. Bei einigen Varianten gibt es die optionale “Curve”-Funktion, mit der die Seitenneigung der Karosserie bis zur Haftungsgrenze völlig egalisiert wird. Das Fahrerlebnis ist in diesem Modus surreal.

Natürlich spricht Mercedes-Benz auch über Fahrerassistenz und Telematik; die Systeme wurden verbessert und arbeiten unauffälliger als zuvor. Von Autonomie kann noch keine Rede sein, und man sollte sich hüten, den Blick zu lange von der Straße abzuwenden. Immerhin, die Schritte in die “schöne neue Welt” selbstfahrender Autos sind spürbar.

Die Vielfalt im Programm der neuen S-Klasse ist enorm. Unsere Wahl wäre ein S 560 mit Hinterradantrieb und Curve Control; er bietet Leistung im Überfluss, verzichtet auf den etwas aufdringlichen AMG-Schmuck – und liefert mit dem Anti-Wank-System nahezu perfekte Straßenlage. Die Leistung reicht für Heckschwenks auch auf trockener Straße locker aus.

Oder ein Mercedes-Maybach S 650? Der ist rund 30 000 Euro günstiger als der identisch motorisierte AMG S 65 – und er steht mit der spezifischen Maybach-Seitenverglasung und den glatten Alufelgen stilistisch in der Tradition des klassischen 600.


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QuelleDaimler
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