Die Elektromarke Tesla, von Politik und Medien als leuchtendes Vorbild dargestellt und Objekt bisweilen peinlicher Respektsbekundungen deutscher Automanager, strauchelt. Innerhalb weniger als eines Jahres ist der Aktienkurs auf ungefähr die Hälfte zusammengebrochen. Kritker gehen jedoch aus, daß dies erst der Anfang ist: Der Wert des Unternehmens tendiere gegen null.

GTspirit hat sich im Frühjahr mit einem der profiliertesten Tesla-Kritiker zusammengesetzt, um zu erfahren, wo die Probleme liegen: Mark Spiegel leitet den Fonds Stanphyl Capital und wurde erstmals 2013 auf Tesla aufmerksam. Damals nahm er eine kleine Short-Position auf, die er 2014 stark vergrößert hat. Spiegel, ein passionierter Porschefahrer, lebt in New York. Das Interview erschien zuerst bei FOCUS MONEY (Printausgabe).

Tesla Model S und Mark Spiegel

GTspirit: Herr Spiegel, Sie setzen seit langem auf fallende Kurse bei Tesla und sprechen auf Ihrem Twitter-Konto öffentlich darüber. Es gibt Leute, die das als unmoralisch bezeichnen, nicht zuletzt Elon Musk höchstpersönlich.

Spiegel: Darauf möchte ich zwei Antworten geben. Erstens ist Musk der wahrscheinlich unmoralischste CEO, den ich jemals erlebt habe. Er wirft gefährliche Autos mit ungetesteten “Autopiloten” auf die Straße, er manipuliert Aktienkurse – und dieser Umweltschützer benutzt fortlaufend seinen Privatjet auch für kurze Distanzen. Soviel zur Moral. Viel wichtiger aber ist, daß Moral keine relevante Kategorie ist, wenn man Aktien kauft oder verkauft. Man plaziert eine Wette darauf, wie sich die Aktie bewegen wird. Wenn ich davon überzeugt wäre, daß Tesla die beste Firma der Welt wäre, aber gleichzeitig glauben würde, daß sie bankrott geht, würde ich ebenfalls auf sinkende Kurse wetten. Das ist das gleiche wie die Wette auf ein Fußballspiel. Wenn man nicht gerade die Spieler oder den Schiedsrichter besticht, hat die Wette mit Moral nichts zu tun.

GTspirit: Sie sagen jedoch auch, sie erweisen der Öffentlichkeit einen Dienst?

Spiegel: Ja. Einerseits warne ich den Markt vor Problemen mit dieser Aktie. Für mich ist seit Jahren klar, daß die Aktie extrem überbewertet ist. Selbst wenn man von den Lügen und Betrügereien absieht: Der Preis ist nur dann gerechtfertigt, wenn man davon ausgeht, daß die Produktion in die Millionen geht. Das halte ich jedoch für völlig ausgeschlossen. Zweitens versuchen wir, die Regulierungsbehörden auf die Sicherheitsprobleme der Autos hinzuweisen, vor allem in Bezug auf den Autopiloten. Und drittens warnen wir potentielle Käufer. Die können das zur Kenntnis nehmen oder nicht, jedenfalls kann jeder wissen, worauf er sich einläßt.

GTspirit: Sie werfen Musk vor, die Märkte irrezuführen. Aber auch er kann nicht wissen, wie die Zukunft aussieht, oder?

Spiegel: Als CEO darf man im Rahmen einer Prognose bestimmte Marktbewegungen vorhersagen, die in die Kategorie des “safe harbour” fallen, und man darf nicht verklagt werden, wenn sie nicht eintreten, wenn die Aussagen nach bestem Gewissen getätigt wurden. Doch Musk verschiebt nicht nur diese Grenzen, er überschreitet sie einfach.

GTspirit: Zum Beispiel wo?

Spiegel: Die Behauptung vom Sommer 2018, daß Tesla für 420 Dollar pro Aktie vom Markt genommen werden könne, war wohl der krasseste Vorfall, eine glatte Lüge. Er ist damit zwar nicht wirklich durchgekommen, aber er hat eine sehr leichte Strafe im Verhältnis dazu bekommen, was wohl jedem anderen CEO einer öffentlich gehandelten Firma geblüht hätte. Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendein anderer in seiner Position nicht umgehend gefeuert worden wäre.

GTspirit: Das wäre Aufgabe des Aufsichtsrates.

Spiegel: Der Aufsichtsrat hat eine Heidenangst vor Musk, er traut sich nicht, ihn zu feuern und so ist Musk letztlich mit einer kleinen Strafe durch die Börsenaufsicht SEC und einigen Vorgaben davongekommen, die er umgehend zu einen Witz gemacht hat. Tesla sollte zum Beispiel eine unabhängige Chefin ernennen – und man hat eine Frau ernannt, die bereits im Vorstand saß, die im Prinzip überhaupt nicht stattfindet und von der Musk sagt, er kontrolliere sie und sie mache, was er will. Und dann hat er im Fernsehen öffentlich gesagt, er respektiere die Börsenaufsicht SEC nicht.

GTspirit: Warum, glauben sie, kommt er mit seinen Unwahrheiten und Beschönigungen durch?

Spiegel: Manche Journalisten und Politiker sagen: Na ja, es sind nicht Lügen, sondern nur Übertreibungen, und am Ende passiert ja doch alles, was er prophezeit. Andere sagen: Ja, er ist ein Lügner, aber er ist “unser” Lügner, und diese Leute sind bedauerlicherweise der Überzeugung, daß der Zweck die Mittel heiligt. Aber wir haben es hier nicht mit einer Glaubensgemeinschaft und Sekte zu tun, sondern mit einer Firma, und wenn ein CEO immer wieder die Unwahrheit sagt, dann stellt das die Firma insgesamt in Frage.

GTspirit: CEOs, die schummeln, gibt es immer wieder.

Spiegel: So etwas kenne ich eigentlich eher aus kleinen Firmen, aber niemand aus dem Kreis befreundeter Investoren hat so etwas je in diesem Maßstab erlebt. Mein persönliches Damaskuserlebnis war irgendwann 2014, als Musk behauptete, alle gebauten Autos seien verkauft, und ein paar Tage später kam heraus, daß 3000 von ihnen auf Halde stehen. Da habe ich gemerkt, daß es sich nicht nur um eine völlig überbewertete Autofirma handelt, sondern daß der CEO ein völliger Lügner ist. Ironischerweise hangelt sich hier jemand, der als Visionär gehandelt wird, von Tag zu Tag durch, und man hat ihm mittlerweile so viele Lügen durchgehen lassen, daß er sich für unberührbar zu halten scheint. Er hat die Bluffing-Mentalität eines Zehnjährigen, der Poker spielt und hält sich dabei für extrem clever. Ich finde ihn allerdings leicht durchschaubar.

GTspirit: Warum läßt ihn die SEC damit durchkommen?

Spiegel: Es gibt sehr viele große Investoren in die Firma und ich glaube, die SEC will einfach nicht die Nadel sein, die in diesen Ballon hineinsticht.

GTspirit: Eigentlich haben US-Behörden keine Angst, sich mit großen Tieren anzulegen.

Spiegel: Das passiert aber normalerweise erst nach dem Kollaps. Jim Chanos, ein sehr kluger Kopf und wohl der bekannteste Short-Seller, sagt oft, daß die SEC nicht das Abbruchunternehmen ist, sondern die Crew, die hinterher aufräumt. Die Börsenaufsicht ist nicht daran interessiert, den Sündenbock zu spielen, aber sie steht bereit, wenn das Unternehmen auseinanderfliegt. Und die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Musk hat immer dann, wenn er neues Geld vom Markt wollte, Aussagen getroffen, die sich unweigerlich als falsch herausgestellt haben. Und jetzt gibt es zunehmend Whistleblower und Klagen.

GTspirit: Schützen ihn nicht die Regeln des “Safe Harbour”?

Spiegel: Die schützen nur dann, wenn man nicht bewußt gelogen hat, aber es gibt Beweise dafür, daß sehr viele Mitarbeiter und Zulieferer ihm klargemacht haben, daß er seine formulierten Ziele niemals erreichen kann. Es gibt klare Beweise dafür, daß die Linie zur Lüge überschritten wurde. Und die SEC weiß mit Sicherheit, was Musk für eine Figur ist. Wir werden sehen, ob er lediglich eine Strafe zahlen und versprechen muß, so etwas nicht mehr zu tun, oder ob es weitergehende Sanktionen gibt.

GTspirit: Aber ist die Firma SpaceX nicht ein Beweis dafür, daß Musk solide wirtschaftet?

Spiegel: Nein. Musk hat zum Beispiel jahrelang über die Profitabilität von SpaceX gelogen; in Wirklichkeit ist die Firma ein finanzielles Desaster. Zweimal wollte er im letzten Jahr das Kapitel erhöhen, und beide Male hat er erheblich weniger eingehoben als erhofft. Sein öffentlicher Rauschgiftkonsum, ganz abgesehen von weitergehenden Gerüchten, hat ihn offenbar schon ein paar Verträge mit dem Militär gekostet, und ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendeine Regierung davon begeistert ist, wenn der CEO einer Firma, die Menschen ins All schicken will, die Entwicklung der Raketen unter Drogeneinfluß überwacht.

GTspirit: Wie erklären Sie sich, daß SpaceX überhaupt so wichtige Aufträge erhalten hat?

Spiegel: Ganz einfach: Ich glaube, Musk hat viele Parteispenden gezahlt, die Obama-Regierung war begeistert von ihm und viele Player hielten es für eine großartige Idee, die Raumfahrt zu privatisieren.

GTspirit: Wie beurteilen Sie die Boring Company und Neuralink?

Spiegel: Mit der Boring Company hat er ein paar Tunnelbohrer gekauft, sie angemalt und behauptet, er hätte etwas neues erfunden. Das ist natürlich kompletter Nonsens, es wird ein weiteres finanzielles Grab. Und dann gibt es noch die Firma Neuralink, mit der er das menschliche Gehirn mit elektronischen Geräten verbinden will. Es scheint keine einzige ernstzunehmende Studie zu diesem Thema zu geben. Musk weiß nicht, wie man eine profitable Firma führt. Er weiß allerdings, wie man das Leben eines Milliardärs führt, während er Geld aus seinen Firmen abzieht und seine Anteile beleiht. Eines Tages wird das alles kollabieren.

GTspirit: Warum, glauben Sie, hat er schon lange mehr keine Kapitalerhöhung bei Tesla durchgeführt?

Spiegel: Ich weiß es nicht. Eigentlich habe ich geglaubt, daß er davon absieht, weil er in den notwendigen Unterlagen für eine Kapitalerhöhung eine Reihe von Problemen benennen müßte. Aber jetzt hat er die Akquisition der Firma Maxwell angekündigt, die von der SEC freigegeben werden muß. Interessanterweise geht so etwas eigentlich recht schnell vonstatten, aber wir haben jetzt gehört, daß es irgendwann im zweiten Quartal passieren soll. Offenbar rechnet er mit einem sehr langen Verfahren.

GTspirit: Welchen Sinn hat überhaupt die Akquisition dieser unprofitablen Firma?

Spiegel: Ich kenne keinen guten Grund, und die Firma Maxwell ist mir gut vertraut. Letztlich war die Akquisition nicht so teuer, weil sie durch Aktien finanziert wurde und nicht durch Cash. Es gibt übrigens wenige 60-Milliarden-Firmen, die so eine kleine Akquisition nicht mit Cash durchziehen würden würden. Und das zeigt, wie wenig davon Tesla zur Verfügung hat. Aber es gibt wohl auch noch einen anderen Grund, warum Musk zögert, eine Kapitalerhöhung anzustreben. Denn je weniger Aktien es gibt, desto höher ist der Preis. Musk hat seine Anteile dazu genutzt, viel Geld aufzunehmen, und wenn die sie unter ein gewisses Preisniveau fallen, gibt es einen sogenannten “margin call”. Dann muß er verkaufen und wohl seinem Privatjet und den fünf Villen Adieu sagen.

GTspirit: Sprechen wir über Tesla. Sie müssen zugeben, daß die Fahrzeuge ein Erfolg sind.

Spiegel: Musk war clever. Er war der erste, der ein flottes Elektroauto gebaut hat. Die Fahrer mögen das Gefühl der ansatzlosen Beschleunigung, und der Model S sieht auch attraktiv aus. Vom Model X kann man das zwar nicht behaupten, aber immerhin sind die Flügeltüren ziemlich cool. Aber was auch immer er hier anbietet, die Deutschen werden es jetzt viel besser, mit viel höherer Qualität und Zuverlässigkeit und einem viel schöneren Interieur machen. Die ersten Wettbewerber kommen nun auf den Markt und wenn sie bei gleicher Batteriegröße nicht ganz die Reichweite eines Tesla erzielen, so liegt das wohl daran, daß die Deutschen im Interesse der Dauerhaltbarkeit konservativer sind. Und auch im Interesse der Sicherheit.

GTspirit: Moment. Musk sagt, Tesla sei das sicherste Autos der Welt.

Spiegel: Ich bezweifle nicht, daß ein Tesla ein relativ sicheres Auto ist, wenn man in einen Unfall gerät und sich die Batterie nicht entzündet. Doch das Problem scheint zu sein, daß Teslas erheblich öfter in Unfälle verwickelt sind und es dann deutlich mehr Todesopfer gibt als in allen anderen großen Luxusautos. Und Musk weiß natürlich ganz genau, daß die korrekte Vergleichsgruppe nicht irgendwelche Rikschas oder fünfzig Jahre alte Straßenkreuzer auf Kuba sind, sondern moderne, große Luxusautos. Aber das sagt er nicht, denn im Vergleich dazu sind Teslas gefährlicher als alle anderen Autos ihrer Klasse. Außerdem glaube ich, daß dieser große Touch-Bildschirm, der fast alle Bedienfunktionen bündelt, den Fahrer ablenkt und damit ein großes Sicherheitsproblem darstellt. Ich kann mich nur wundern, daß er in Europa die Zulassung erhalten hat.

GTspirit: Viele Tesla-Kunden äußern sich aber enthusiastisch über ihr Auto, gerade auch über den Model 3.

Spiegel: Bei den Model-3-Käufern handelt es sich oft um Menschen, die sich finanziell krummgelegt haben, um sich dieses Auto leisten zu können, und wer von einem 10 oder 15 Jahre alten, billigen Auto kommt, wundert sich natürlich auch über Selbstverständlichkeiten. Doch schon im ersten Winter erleben sie ein böses Erwachen. Das liegt einerseits an dem für Elektroautos endemischen Problem der massiv verringerten Reichweite bei kaltem Wetter, und das ist natürlich unvermeidlich. Aber darüber hinaus leidet das Auto unter der katastrophalen Verarbeitungsqualität, es gibt sehr viele Beschwerden.

GTspirit: Nach Eigenauskunft nimmt sich Tesla dieser Probleme jedoch an.

Spiegel: Ich sehe dafür keine Hinweise. Natürlich wird auch dieses Auto kontinuierlich verbessert, aktuell zum Beispiel die Ladedose, aber im Grunde ist der Model 3 ein qualitatives Desaster, und dafür ist die Entscheidung von Musk verantwortlich, das Auto ohne ausreichende Testphase auf den Markt zu drücken. Zudem hat Tesla nicht annähernd das Geld, um eine Serviceinfrastruktur aufzubauen. Und deshalb haben die Kunden nicht nur massive Probleme, sondern sie müssen auch teilweise monatelang auf Reparaturen warten.

GTspirit: Hätten Sie denn geglaubt, daß Tesla so schnell die Produktion nach oben fahren kann?

Spiegel: Ich bin zwar kein Produktionsexperte, aber glauben Sie mir: Wenn es Sinn ergeben würde, Karosserien auf Gabelstaplern in Zelte zu fahren und sie dort fertigzubauen, dann würden es andere Hersteller wohl auch machen. Es ist ganz offensichtlich eine schlechte Art und Weise, um Autos zu bauen: ineffizient und voller Probleme, unter denen die Kunden jetzt leiden.

GTspirit: Immerhin hat der Model 3 auch ohne die 35 000-Dollar-Einstiegsversion Verkaufsrekorde gebrochen.

Spiegel: Natürlich, es gab ja auch Bestellungen über zwei Jahre, die abgearbeitet werden mußten, und das ist Tesla in 9 Monaten offenbar vollständig gelungen. Im Januar gab es nach der optimistischen Schätzung von InsideEVs nur noch 6500 Zulassungen, und jetzt haben sich die Subventionen von 7500 auf 3250 Dollar halbiert. Im Juli halbiert sich die Subvention noch einmal und im nächsten Januar ist sie weg. Ich schätze, daß Tesla in den USA vielleicht dauerhaft 75 000 Autos pro Jahr verkaufen kann und das wäre schon sehr viel. Denn auch die Kunden, die Elektroautos lieben, werden nicht zu Tesla zurückkehren, wenn sie einmal am Steuer eines Audi e-tron oder eines Porsche Taycan gesessen haben.

GTspirit: Könnte der Crossover Model Y Tesla retten?

Spiegel: Eher nicht, denn der Crossover-SUV-Markt ist zwar interessant, aber der Model Y würde vor allem den Model 3 kannibalisieren. Ich glaube, daß die Verkäufe von Model 3 und Model Y kombiniert den Model 3 nicht wesentlich übersteigen würden – vielleicht um 20 Prozent. Die Nachfrage nach beiden Modellen kombiniert dürfte global bei maximal rund 225 000 Einheiten pro Jahr liegen, also bei einem Drittel dessen, was Musk behauptet. Und wir haben nicht einmal berücksichtigt, daß neben Hyundai und Kia jetzt auch VW mit Elektroautos auf den Markt kommt. Man muß Tesla allerdings lassen, daß die Autos ein Performance-Image besitzen. Sie sind schnell.

GTspirit: So wie der Roadster. Er soll der schnellste Sportwagen der Welt werden.

Spiegel: Das möchte ich bezweifeln. Vielleicht kann Musk ein Auto zu diesem Preis und mit dieser Performance bauen. Es wäre unglaublich schwer, das Handling damit problematisch, vor allem frage ich mich aber, wie er den Wagen überhaupt zur Serienreife bringen will. Tesla hat kein Geld. Musk hat wahrscheinlich nur ein beschränktes Budget für den Model Y, er hat kein Geld für den Roadster und er hat auch kein Geld für den schweren Lastwagen namens “Semi”. Und dann wollte er ja angeblich auch noch Autotransporter bauen. Eine Märchenwelt.

GTspirit: Sie glauben nicht an den Semi?

Spiegel: Der Semi ist absoluter Nonsens und ergibt wirtschaftlich keinen Sinn. Musk sagt, dieser schwere Lastwagen würde ab 150 000 Dollar verkauft, 180 000 für die Variante mit 800 Kilometern Reichweite, und er würde einen Strompreis von 7 Cent pro kWh garantieren. Ich habe ausgerechnet, daß ihn diese Lastwagen eher rund 250 000 Dollar kosten wird und dann muß er noch rund 100 000 Dollar drauflegen, um den Strompreis zu garantieren. Es ist also ein schlechtes Geschäft für ihn, aber auch für die Spediteure, denn die können sich auch für 150 000 Dollar einen Diesel kaufen, den sie binnen ein paar Minuten wieder auftanken können. Beim Tesla Semi dauert das Stunden. Niemand wird diesen Lastwagen kaufen bis auf ein paar Firmen, die Pressemitteilungen herausgeben, in denen sie behaupten, sich um die Umwelt zu kümmern. Tesla sammelt Reservierungen ein, aber es hat noch niemand gekauft. Deutsche Nutzfahrzeughersteller machen es besser: Sie wissen, daß elektrische Lastwagen nur in Ballungszentren Sinn ergeben – und zwar auch dann, wenn sie subventioniert werden.

GTspirit: Was wäre, wenn ein seriöser Manager übernehmen würde? Könnte Tesla ohne Elon Musk gerettet werden?

Spiegel: Ich glaube, dafür ist es zu spät. Musk hat eine wirklich gute Marke aufgebaut, sie dann durch miserable Qualität und schlechten Service beschädigt, und jetzt kommen die Deutschen und machen es einfach besser. Er hatte sein Fenster, und wenn er weniger ambitioniert und etwas vorsichtiger gewesen wäre, hätte er eine schöne, profitable Autofirma aufbauen und wachsen lassen können. Jetzt wird es nicht mehr ohne eine massive Restrukturierung gehen können.

GTspirit: Was wird Ihrer Ansicht nach passieren?

Spiegel: Es gibt zwei Szenarien: Entweder marschiert eines Tages das Department of Justice ein, Musk wird in Handschellen abgeführt und die Firma ist am nächsten Tag bankrott. Das zweite Szenario sieht so aus, daß die Firma weiterhin genug Geld hereinholt, um die Lichter anzulassen, wobei die Umstände immer häßlicher werden und die Aktie schrittweise abschmiert, und das kann eine ganze Weile dauern. Ich weiß, in welche Richtung es geht, aber ich weiß nicht, wie lange es dauert. Aber bitte nehmen Sie mich nicht als Kronzeugen, denn ich habe schon 2014 auf fallende Kurse gesetzt und jetzt ist es 2019 (lacht). Aber es wird langsam sehr eng für Tesla und je länger es noch weitergeht, desto schlimmer wird der Absturz.

GTspirit: Sagen Sie das mal europäischen Politikern. Einige von ihnen flehen Musk an, hier Werke hochzuziehen.

Spiegel: Bei Politikern, die sich einen grünen Anstrich verleihen wollen, hat Musk offenbar immer noch ein gutes Image. Diese Politiker sollten lieber ihre Hausaufgaben machen. Ich kann nur warnen: Wer sich mit einem Betrüger assoziiert, tut es auf eigene Gefahr.


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