“Freie Fahrt für Freie Bürger” – das war einmal die Kampfparole des ADAC. In den 70er-Jahren hatte sich Deutschlands Automobilclub mit diesem Slogan für die freie Wahl der Geschwindigkeit positioniert, und zwar mit guten Gründen. Denn die deutschen Autobahnen – konzipiert, um Menschen und Waren schnell von A nach B zu bringen – gehörten schon damals zu den sichersten und effizientesten Straßen der Welt.

Die Fake News sind stets die gleichen: Ein Tempolimit auf der Autobahn senke die Unfallzahlen und sei gut für die Umwelt. Mitte der 80er-Jahre fühlte sich die Bundesregierung sogar bemüßigt, die Autofahrer mit einem “Großversuch” zu belästigen. Doch das Ergebnis war eindeutig: Die Zwangsbremse bringt nichts. Und eindeutig war über die Jahrzehnte hinweg auch die Haltung des ADAC – da konnten sich gewisse Politiker oder der Gewerkschaftsclub ACE und der autofeindliche VCD auf den Kopf stellen. Auf den ADAC, heute 21 Millionen Mitglieder stark, war Verlaß.

ADAC Motorsport

Hinter den Kulissen hat sich der ADAC über die Jahrzehnte noch viele weitere Verdienste erworben. Zum Beispiel um den Motorsport – und gegen die allgemeine Kontroll- und Verschärfungswut der Politik weit über Tempolimits hinaus. Einige dieser Ansätze existieren noch, vieles ist jedoch verlorengegangen.

Daß dem deutschen Autofahrer inzwischen in schwer erträglicher Weise zugesetzt wird, liegt auch an dem seit langer Zeit schwindenden Biß des Vereins. Anstatt sich um die Freiheit des Autofahrers zu kümmern, profiliert sich der ADAC zum Beispiel mit teilweise absurden Sicherheitsthemen. Unvergessen, wie einst der Dacia Logan mutwillig zum Überschlag gebracht wurde, um die angebliche Gefährlichkeit des Baumusters zu beweisen. Schon bald mußte der Club kleinlaut zurückrudern: Man hatte das Auto falsch bereift.

Der Bruch

Anfang 2014 kam es zum folgenschweren Bruch mit der deutschen Autoindustrie: Damals sickerte durch, daß die Ergebnisse des Industrie-Awards “Gelber Engel” von ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter höchstpersönlich zurechtgebastelt worden waren. Dabei wurden nicht nur die blamabel niedrigen Teilnehmerzahlen der Umfrage kaschiert, sondern es wurde auch die Reihung der Ergebnisse manipuliert.

Die deutsche Autoindustrie, die dem “Gelben Engel” noch kurz zuvor beflissene Huldigungen dargebracht hatte, hatte nunmehr nichts besseres zu tun, als die Vitrinen auszuräumen und dem ADAC die Trophäen eilig vor die Tür zu stellen. Mit der gnadenlosen Reaktion auf die Verfehlungen der Einzelperson Ramstetter war das Tischtuch zwischen Industrie und ADAC weitgehend zerschnitten.

Der ADAC rächte sich für die Demütigung auf so perfide wie kurzsichtige Weise. Im Rahmen des maßlos aufgebauschten Dieselskandals stellte sich der Club auf die Seite der Autogegner in Politik, Medien und Justiz – und gleichzeitig gegen Industrie und Autofahrer. Mal wurden absurd teure Nachrüstlösungen für Gebrauchtwagen gefordert, mal von “gefährlichem Feinstaub” fabuliert. Der Verein der Autofahrer avancierte zum gewichtigen Zeugen der Anklage gegen das Auto.

Dabei gäbe es verdienstvollere Betätigungsfelder, auf denen man die Autoindustrie herausfordern könnte. So könnte sich der ADAC kritisch mit der Elektromobilität auseinandersetzen, die nicht nur eine verheerende Umweltbilanz aufweist, sondern wegen exorbitanter Kosten und fehlender Lademöglichkeiten auch dazu geeignet ist, vielen Menschen ihre individuelle Mobilität völlig zu nehmen. Doch der ADAC beschwichtigt und redet das von der Politik gewünschte und von der Industrie erduldete Thema schön.

Jetzt hat der Verein seiner autokritischen 180-Grad-Wende mit einem symbolischen Akt die Krone aufgesetzt: Im Vorfeld des Goslarer Verkehrsgerichtstages – einer Veranstaltung, die in mancher Hinsicht ein Ärgernis darstellt – ließ der ADAC verbreiten, man stelle sich “nicht mehr grundsätzlich” gegen ein Tempolimit. Und hängt sich mit längst beantworteten Pseudo-Fragen ein Mäntelchen der Objektivität um.

Die Aussagen sind umso überraschender als der Deutsche Bundestag erst im Oktober mit großer Mehrheit gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung votiert hat. Lediglich der linke SPD-Flügel in Gestalt der Ko-Vorsitzenden Saskia Esken bemüht sich krampfhaft um eine Neuauflage der Diskussion. Das erstaunliche Statement des ADAC befördert nunmehr Wasser auf die vertrockneten Mühlen der Ideologin.

Das ist eine schlechte Nachricht nicht nur für Autofahrer, sondern auch für die traditionellen Anti-Auto-Vereine wie den VCD, auf deren Terrain der ADAC nun offenbar wildern möchte. Die ADAC-Spitze mag diese Vereinnahmungsstrategie für genial halten. Eine Erkenntnis dürfte ihr allerdings noch bevorstehen: Nichts ist alternativlos. Schon gar nicht ein Autoclub, dem Freie Fahrt und Freie Bürger egal geworden sind.

Leser-Service

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QuelleADAC
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