Kleinwagen zu bauen, lohnt sich das eigentlich noch? Die EU ist im Begriff, mit ihren Regularien das Segment, das Einsteigern und Geringverdienern Mobilität verschafft, für Autohersteller unattraktiv zu machen. Denn bei den knapp kalkulierten Kompakten lohnt es sich nicht, eine aufwendige Elektrifizierung vorzusehen, mit der unrealistische, wenngleich politisch (noch) erwünschte Zyklusverbräuche erzielt werden können.

Fahrzeuge ohne Elektrifizierung werden mit ihrem ehrlichen Verbrauch zertifiziert. Dazu zählt auch der Hyundai i10, den wir ausgiebig testen konnten. Der völlig neuentwickelte Kleinwagen dient als Einstiegsmodell in die Palette des koreanischen Weltkonzerns; er ist ausschließlich als Fünftürer lieferbar. Neu ist die sportliche N-Line, benannt nach dem Hyundai-Testzentrum in Namyang.

Grilldesign wie beim neuen Sonata: Der Hyundai i10

Kaufgrund Nummer Eins ist für die Koreaner das Design – mit Abstand und über alle Segmente hinweg. Und obwohl Kleinwagen die Designer vor besondere Herausforderungen stellen, ist ihnen der neue i10 gelungen: Die Formgebung ist modern, sportlich angehaucht und im Sinne der Familienähnlichkeit an die Limousine Sonata angelehnt, die hoffentlich wieder nach Europa kommt.  

Wir sind den i10 mit zwei Motorisierungen gefahren: In einer einfacher ausgestatteten 1,2-Liter-Vierzylinder-Version mit 84-PS – und als N-Line mit immerhin 100 PS, die aus einem 1,0-Liter-Dreizylinder-Turbo geholt werden. Es gibt auch noch eine Einstiegsvariante mit einem 67 PS starken 1,0-Liter-Dreizylinder-Saugmotor.

Die Heckpartie der 1,2-Liter-Version

Der unauffällig klingende 84-PS-Motor wirkt durchaus munter, und er zieht auch aus niedrigen Drehzahlen sauber hoch. Das maximale Drehmoment von 118 Nm liegt allerdings erst bei 4200 U/min an. Die leichtgängige Fünfgang-Schaltung und die Bremse sind bestens auf das Fahrzeug abgestimmt; ohnehin hat sich beim Fahrwerk einiges zum Positiven gewendet. Auch wenn in der Kurve die Reifen das Singen anfangen, bleibt der i10 immer noch neutral.

Der i10 N-Line ist von deutlich kernigerem Charakter und schon akustisch als Dreizylinder zu identifizieren. Das etwas zu aufgeregt klingende Aggregat wartet schon bei 1500 U/min mit seinem vollen Drehmoment von 172 Nm auf, so richtig Leistung gibt es gefühlt aber erst ab ca. 2200 U/min. Die vollen 100 PS liegen 4500 U/min an. Auch wenn sich der Leistungssprung vom Vierzylinder zum Dreizylinder-Turbo in überschaubaren Grenzen hält, sorgen die nur 998 Kilogramm in Verbindung mit dem 100-PS-Turbo für reichlich Fahrspaß. Der Verbrauch liegt mit 5,3 Litern nicht höher als beim Vierzylinder.

Doppelauspuff als Hinweis auf 100 Turbo-PS

Beeindruckt hat uns das Fahrwerk: Lenkung und Fahrwerk sind bei der N-Line deutlich gestrafft, die Lenkung arbeitet spürbar präziser. Der Unterschied zur bereits guten Basis ist erheblich und vielleicht das stärkste Argument für den N-Line, deren Aufpreis zu den niedriger motorisierten Varianten sich in überschaubaren Grenzen hält.

Übrigens sieht der i10 N-Line auch besonders gut aus: Mit roten Akzenten, 16-Zoll-Alufelgen, lackiertem Dach, Doppelendrohr-Auspuff und Alu-Pedalen setzt er sportliche Akzente, ohne allzu dick aufzutragen. Man darf sie als Reverenz an das erfolgreiche Engagement in der TCR-Serie und im Rallyesport interpretieren.

N wie Namyang

Wenig Verkehrsfläche, reichlich Platz für vier Personen, niedrige Verbräuche: Der Hyundai i10 zählt in seinem Segment zu den genügsamsten Vertretern. Dennoch wird er von der EU abgestraft: Er verfügt nicht über die eingangs erwähnte Elektrifizierung, mit der sich SUVs und Limousinen der Oberklasse spreizen können, und als besonders leichtes Auto muß er schärfere Vorschriften erfüllen.

Es ist leider diesen Vorschriften zu verdanken, daß sich gerade etliche Hersteller aus dem Kleinwagen-Segment verabschieden: Es wird keinen Nachfolger des VW Up und seiner Schwestermodelle Seat Mii und Skoda Citigo geben, und die Daimler-Tochter Smart hat ihre konventionell angetriebenen Modelle eingestellt.

Der erschwiwngliche Kleinwagen bleibt ein Symbol der Freiheit

Trotzdem muß die Kleinwagen-Kundschaft nicht auf den Bus ausweichen, die “Verkehrswende” kann ausbleiben. Denn Hyundai-Deutschland-Chef Jürgen Keller glaubt, daß man auch beim Klein- und Kleinstwagen mit Verbrennungsmotor noch Geld verdienen kann. Die Nachfrage nach günstiger Mobilität sei ungebrochen hoch. Und man könne sich auch das Kleinwagensegment mit den drohenden Strafzahlungen leisten, weil man zum Ausgleich genügend alternative Antriebe im Angebot habe.

Nur 10 713 Euro kostet der günstigste i10, für die 84-PS-Variante werden ab 15 343 Euro fällig und das Spitzenmodell N-Line mit seinem Turbomotor kostet 18 316 Euro. Angemessene Preise für eine Form der Einstiegsmobilität, die sich durchaus nicht als Verzicht präsentiert.


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