Er war zum Boulevard-Cruiser geworden, der Mercedes SL, mit seinem komfortablen ABC-Fahrwerk und Klappdach. Aber das neue Modell, vorgestellt Anfang 2022, will nicht nur auf der Flaniermeile, sondern auch auf Pässen und Rennpisten reüssieren.

Dazu hat Daimler die Entwicklung an die Performance-Tochter AMG in Affalterbach übertragen. Dort arbeitet man auch an der nächsten GT-Generation, die auf der SL-Plattform basieren wird. Es galt also nicht nur die SL-Tradition fortzuführen, sondern auch einen Teil der Kundschaft der ausgelaufenen Modelle SLK/SLC und des AMG GT Roadster aufzufangen.

Der SL erfindet sich also neu: War der Vorgänger ein reiner Zweisitzer mit Klappdach und Sechs-, Acht- und Zwölfzylindern, so ist das neue Modell ein 2+2-Sitzer mit Stoffdach, zunächst mit zwei Achtzylindern und als Vierzylinder, später auch als Hybrid. Der aufgeladenen 4,0-Liter-V8 namens M177 leistet im AMG SL 55 476 PS und im SL 63 sogar 585 PS. Der vierzylindrige SL 43 leistet 381 PS. Zu fahren war der Vierzylinder übrigens noch nicht.

Schon auf den ersten Blick ist der Mercedes-AMG SL ein ganz anderes Auto geworden: Viel harmonischer proportioniert, aggressiver und moderner als der Vorgänger, der nie aus einem Guß wirkte. Vorne sitzt man perfekt, hinten ist Raum für Kinder und Jugendliche, nur bei geöffnetem Dach auch für Erwachsene. Vor dem Fahrer erstreckt sich ein Cockpit ausgesprochen futuristischer Machart, „hyperanalog“ genannt, mit einer Mittelkonsole, deren Neigung sich elektrisch verstellen lässt. Das ist kein Gimmick, sondern perfekter Blendschutz beim Offenfahren.

Es sind echte Sportwagen-Gene, die im neuen SL stecken, vom sehr leichten Rohbau mit Aluminiumrahmen über das Stahlfederfahrwerk mit einer hoch innovativen Raumlenkervorderachse und einer Raumlenkerhinterachse. Während der AMG SL 55 serienmäßig über Drehstabstabilisatoren verfügt, kommt im AMG SL 63 ein Hydrauliksystem mit untereinander verschalteten Dämpfern zum Einsatz. Ein elektronisches Sperrdifferential ist beim 63er Serie, beide Varianten verfügen über eine Allradlenkung mit maximal 2,5 Grad Einschlag an der Hinterachse. Die Stahlbremsanlage kann durch eine Keramik-Bremse ersetzt werden.

Das alles funktioniert auf kurvigen, schnellen Landstraßen hervorragend. Das Fahrverhalten liegt auf Sportwagen-Niveau, der SL reagiert feinfühlig auf Lenkbefehle, lässt sich locker positionieren und gibt präzise Rückmeldung über den Straßenzustand. Dennoch ist er komfortabel genug für entspanntes Cruisen.

Dieses hervorragende Fahrwerk passt perfekt zum leistungsstarken V8, der sein Drehmoment über einen sehr schnell schaltenden Neun-Gang-Automaten mit nasser Anfahrkupplung variabel auf alle vier Räder überträgt. Der Klangteppich des Achtzylinders sucht seinesgleichen, die Fahrleistungen sind überragend: Der Spurt von 0 auf 100 km/h dauert 3,9 bzw. 3,6 Sekunden, die Fahrwiderstände gelangen erst bei 295 km/h bzw. 315 km/h zum Ausgleich. Wir finden: Die 55er-Ausbaustufe – im Moment übrigens nicht konfigurierbar – genügt.

Insgesamt präsentiert sich der neue Mercedes-AMG SL als überragender Sportwagen und absolut überzeugende Neuinterpretation des mittlerweile 70 Jahre alten SL-Themas. Der hinterradgetriebene SL 43 kostet 121.791 Euro, für den allradgetriebenen SL 63 müssen mindestens 187.098 Euro den Besitzer wechseln. Uns gefällt er übrigens am besten mit silbernen statt schwarzen Rädern – und mit der sensationellen Innenausstattung in kristallweiß.


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